Autoreifen einer der Goldwing. Warum eigentlich nicht?
12.12.22, 12:17:47
mathissimo
Wenn man sich bei Youtube Videos zur Goldwing anschaut, dann stolpert man früher oder später über Maschinen die hinten einen Autoreifen haben. Die Amerikaner nennen das
"Darksiding" und es scheint auch bei großen Tourern recht beliebt zu sein. Die Leute sagen, dass man nicht nur viel mehr Laufleistung hat, sondern auch
viel mehr Grip – ohne größere
Handling Einschränkungen (für einen großen Tourer). In diesem
Video sieht's auch gar nicht so verrückt aus.
Mir ist schon klar, dass das in Deutschland kaum vorstellbar ist und die meißten Motorräder nur Reifenmodell-spezifische Freigaben haben (und es soll wohl
noch strenger kommen). Aber bei meinem zugegeben recht altem BMW-Gespann ist auch nur die Reifengröße eingetragen.
Mit Google findet man kaum was zu dem Thema.
Hier schreibt jemand, dass er damit gute Erfahrung gemacht hat. Aber ob er damit durch den TÜV kam, steht da nicht leider nicht.
Weiß da jemand mehr zu? Was genau ist denn nicht erlaubt?
Hat vielleicht schon mal jemand hier im Forum Gelegenheit gehabt sowas zu fahren?
Grüße,
Mathias
12.12.22, 14:50:36
Olli/Lippstadt
Im "Certificate of Conformity" (= CoC-Papier für EU-Zulassung) ist für meine SC68 die Reifengrösse "
180/60R16M/C (74H)" angegeben. Mit diesen Daten habe ich nach PKW-Reifen gegoogelt, siehe da, es werden mit dieser COC-Vorgabe nur Motorradreifen ausgespuckt. Daher scheitert so ein Experiment wohl schon daran, dass hier solche Pneus nicht erhältlich sind. Wenn es die PKW-Reifen in der Grösse denn gäbe, somit die Vorgaben des CoC eingehalten sind, sehe ich in Sachen StVZO und HU da eher keine rechtliche Hürde.
Der Ducatifahrer hatte in CH auch grössere als die erlaubten Reifen aufgezogen. Und beim verlinkten Testfahrtvideo war es auch eher softe Streckenführung ohne Belastung der äussersten Reifenflanke durch extreme Schräglagenfahrt. Das mag im Amiland mit endlosen Highways Sinn machen, zumal die eine stringente HU wie bei uns überhaupt nicht kennen. Ich persönlich würde solch einen Versuch nicht wagen, da wäre mir mein Ar*** doch dann wichtiger, als 20-30tkm Laufleistung, selbst wenn ich so einen passenden Reifen bekäme.
13.12.22, 09:39:05
mathissimo
Moin Olli, ich weiß nicht, ob du da nicht zu schnell urteilst. Schau dir mal die verlinkten Videos vollständig an. Die Amis machen da gleich eine Show draus ("Darksiding" :rolleyes: ), aber die sind keine lebensmüden Spinner und es gibt da auch Kurven. Außerdem finde ich ist (deutlich) mehr Grip ein Sicherheits-Plus..
Ich frag mich da schon, ob man bei uns nicht einfach mit zuviel Vorurteilen rangeht. Von der Reifenindustrie erwarte ich da keine neutralen Aussagen zu. Und vom TÜV wird sich keiner vorwagen ohne aufwendige Tests, die nur die Reifenindustrie finanzieren kann..
13.12.22, 09:55:15
Olli/Lippstadt
Da das "deutlich mehr Grip" nicht näher erläutert ist, ob sich dies auch in deutlicher Schräglagenfahrt abzeichnet, sehe ich solche Aussagen als Freund der flotteren Gangart kritisch.
Auch ist der Karkassenaufbau eines Motorradreifens u a. für genau solche Fahrsituationen konzipiert, ein PKW-Reifen nicht. Beim PKW mit vollem Aufstand auf dem Asphalt wirken andere Kräfte auf den Reifen.
Meine "persönliche" Ansicht zu diesem Thema muss sich niemand zu eigen machen, ich könnte mit dem Vorhalt der Voreingenommenheit leben. Die Diskussion über das Verwenden eines Autoreifens halte ich zwar nicht für sinnfrei, aber meine Bedenken aus o.a. Gründen würden mich von solch einem Experiment abhalten.
13.12.22, 11:56:54
Wingerjack
Hallo zusammen,
die Idee der Amis mit dem "Darksiding" finde ich "spannend" - um es mal vorsichtig zu formulieren. Zunächst fand ich das nur skurril: Denn es sollte doch jedem "echten" Motorradfahrer klar sein, daß eine "eckige" Reifenkontur sich bescheuert fahren lassen müßte. Man kennt das ja von dem auf Autobahnen "platt/eckig" abgefahrenen Hinterreifen: Sobald man am Urlaubsziel angelangt ist und die ersten Kurven abwedeln will, stört einen die blöde "Verschleißkante" im Reifen, die das Fahrverhalten kippelig macht.
Aber ich muß einräumen, daß das ja nur meine
theoretischen Überlegungen zum Darksiding sind. Selber
ausprobiert habe ich das ja noch nicht. Und wenn es Leute gibt, die das schon umgesetzt haben und "für durchaus fahrbar" halten, dann sage ich erst mal:
"Reschpekt!". (Wobei ich es selbst immer noch nicht machen würde.)
Aber für diejenigen, die es zumindest mal ausprobieren wollen, hier die Idee zu einem Weg, der umständlich ist, aber dafür idealerweise legal:
- Man läßt seine GL 1500 zu einem Gespann umbauen.
- Man wendet sich hierzu an einen Gespannbauer, der Motorräder so umrüstet, daß auf den Motorrad-Rädern Autoreifen gefahren werden können. Oft werden dafür diese Räder so umgebaut, daß der Felgenkranz von einem Auto kommt und dann kombiniert wird mit der Nabe und dem Speichenstern des Motorrades ("Aus-zwei-mach-eins").
- Diesen Umbau läßt man sich in die Papiere eintragen.
- Ergänzend bittet man den Gespannbauer, auf einen "wahlweise zulässigen Betrieb" hinzuarbeiten.
- Zum Schluß schraubt man den Beiwagen wieder ab und fährt mit der Solomaschine herum, die nun legal auf Autoreifen fährt.
Ich muß einräumen, daß ich diesen Weg selbst nur für
theoretisch denkbar halte, aber
nicht für
machbar. Denn sobald der Sachverständige bei der Einzelabnahme die Autobereifung sieht, wird er den wahlweisen Betrieb damit nicht mehr zulassen.
Gleichwohl ein Tip für die Laufrad-Umbauten: Hoch im Norden (kurz vor der dänischen Grenze) macht die Firma Roadrunner-Motorradgespanne solche Umrüstungen für Motorrad-Räder mit Autobereifung.
https://www.roadrunner-motorradgespanne.de/
Hier ein paar Bildbeispiele für deren Laufrad-Umbauten:
https://www.roadrunner-motorradgespanne.de/rad-umbau/kreationen
Darüber hinaus gibt es ja auch im Harley-Chopper-/Custom-Bereich Leute, die einen extrem fetten Hinterreifen fahren (Semi-Slicks im Stil der Dragster-Sprintrennen). Auch solche Reifen haben ja oft ein sehr "eckiges" Querschnittsprofil - und sind dennoch auf jenen Custombikes zugelassen. Könnte also sein, daß das Roadrunner-Team für derlei Anliegen auch auf Solomaschinen ein Ohr hat. (Denn da oben gibt's ja kaum Berge und ernsthafte Kurven. Aber dafür wohnen gleich um die Ecke die Wernersens...!)
In diesem Sinne:
"Hau rein, Mathissimo! Wir wollen ein Foto davon sehen, daß Deine Maschine keinen Seitenständer mehr braucht!" ;-)
Wingerjack
13.12.22, 14:48:38
mathissimo
Zitat:
Meine "persönliche" Ansicht zu diesem Thema muss sich niemand zu eigen machen, ich könnte mit dem Vorhalt der Voreingenommenheit leben.
Olli, erst mal Danke für den Input. Ich wollte da jetzt nicht vorwurfsvoll klingen. Ich versuche nur zu verstehen, warum die einen darauf schwören und die anderen nur mit dem Kopf schütteln. Das ist doch ein sehr technisches Thema und ich hoffe auf eine technische Antwort..
13.12.22, 14:53:48
Olli/Lippstadt
Alles gut, ich habe nichts Vorwurfsvolles empfunden. Da müsste ein Ingenieur aus der Reifenentwicklung Stellung nehmen, der fehlt hier leider.
13.12.22, 15:04:56
Christian SU
Mal was aus der eigenen Erfahrung:
Meine (Ex)Frau fuhr eine Dragstar 650, die über die Jahre immer weiter umgebaut wurde (die Yamaha, nicht die Exfrau :D ). Irgendwann wollte sie einen fetten Hinterreifen. Wir haben dann damals den breitesten Umbau gemacht, den es für die 650er gab. Keine Ahnung mehr, was das für eine Dimension war (siehe Foto). Wir lebten da noch in BaWü und sind oft nach Österreich in die Alpen gefahren. Das Fahrverhalten war nach dem Umbau um Klassen schlechter. Natürlich konnte man damit immer noch Kurven und Wenden fahren, aber wesentlich schlechter als vorher, obwohl das ein Motorradreifen war der noch eine gewisse Rundung aufweist. Ich denke das ein Autoreifen der ja von Hause aus "eckig" ist, da nochmal eine Klasse schlechter sein wird.
Natürlich habe ich kein Geld zu verschenken. Aber ich käme nie auf die Idee einen Autoreifen einzubauen nur weil der günstiger ist. Es ist halt mein Hobby und irgendwo hängt auch mein Leben mit dran, sodass ich da nicht wegen ein paar Euros herum machen würde.
Aber jeder wie er kann und möchte. Es soll ja auch Leute geben die nicht schneller als 110 km/h fahren, wegen dem Benzinverbrauch...
13.12.22, 19:42:07
Rambo Jens
Hallo,
ich stelle die Scheibe ab 160 km/h auf die niedrigste Position und öffne das Ventelement um bei schneller Autobahnfahrt den Luftwiderstand zu senken.
:cool:
Viele Grüße
Jens
13.12.22, 23:01:46
Samenmann
Wie ist das denn bei einem Gespann ?
Mein Beiwagen hat ja einen Pkw Reifen drauf u da könnte doch " theoretisch " auf den Hinterreifen auch ein Pkw Reifen rauf, oder ?
Bei einigen Gespannen ist vorn auch Pkw Reifen drauf.
14.12.22, 11:06:07
Flüsterer
Ein breiter Hinterreifen alleine haut schon das Fahrverhalten zsamm - weil für die gleiche Kurvengeschwindigkeit eine deutlich größere Schräglage notwendig ist (damit der Schwerpunkt über dem Auflagepunkt bleibt), diese ist aber viel schwieriger zu erreichen, da das Aufstellmoment wegen der Hebelwirkung des breiteren Reifens größer ist, je breiter der Reifen ist.
Darum sind Moppeds mit schmaleren Reifen auch etwas "agiler" beim Einlenken.
Nehme ich jetzt einen Autoreifen, dann potenziert sich das ganze Problem noch mal, da ja die Oberfläche nicht mehr rund ist, sondern gerade mit zwei Kanten (überspitzt formuliert). Funktioniert auf der Anreise nach Las Vegas, spätestens in den Alpen dreht man an der ersten möglichen Stelle wieder um.
Motorradreifen haben ihren Namen wohl von daher, dass sie für Motorräder gebaut sind, oder sind all die Entwicklungsingenieure Vollidioten, dass sie nicht einfach einen Autoreifen nehmen und einfach M/C draufschreiben, wenn es denn so einfach wäre...?
Besserer Grip? Weil? Die Gummimischung eine deutlich härtere ist? Oder weil man sich gar nicht mehr schneller um die Ecke fahren traut und von daher der Nassgriff kein Problem mehr darstellt?
Und bitte kommt mir jetzt nicht mit den funkensprühenden Hauptständern, die erreicht werden mit zwei fetten Amis und der originalen Federung und das ganze dann mit 150k Meilen auf dem Tacho... Da sitzt in jedem langsam gefahrenem Kreisverkehr auf..
14.12.22, 18:45:06
Christian SU
Ich finde bei dem Video (von bumblebee's Beitrag) sieht man recht gut, das in den Kurven kaum noch Profil mit der Straße in Berührung ist. Das will ich dann mal bei Regen sehen oder wenn es im Herbst rutschig ist.
*kopfschüttel*
15.12.22, 08:11:35
Will Smith
Auf einem Gespann erkenne ich noch einen Sinn. Jedoch solo absolut nicht.
Angefangen vom Karkassenaufbau Motorradreifen dann die Gummimischung oft aufgeteilt mittlerer Bereich härter wegen Laufleistung außen weicher......
Auch wenn viele in Amerika Motorradfahren mit zig Meilen auf dem Highway immer geradeaus verbinden, kann es auch da zu erforderlichen Ausweichsituationen kommen. Gespann Autoreifen ok, solo bedenklich.
Sicher gibt es auch in Amerika kurvige Topographie aber einmal auf einem Autoreifen dort durchgeeiert sollte sich das vom Fahrverhalten her erübrigt gaben und wenn die Wing erst deswegen weggeworfen wurde kann nichts kaufmännisches irgendwas aufrechnen, von der Gesundheit des Fahrers und Mitfahrer(in) ganz zu schweigen. Aber auch hier, jeder wie er mag? ich sage ganz klar nein, denn wenn erst ein anderer aufgrund der nicht mehr zu kontrollierenden Wing in gewissen Situationen abgeschossen wird ist eh über nichts mehr zu diskutieren und das alles dann wegen vermeintlich eingesparter Dollars oder Euro.
15.12.22, 10:16:45
Rudi-DO
Auf meinem Gespann fahre ich Autoreifen.
Mit einem Gespann lenke ich.
Mit einer Solomaschine lege ich mich in die Kurve, mit Autoreifen unmögliche!
Gruß Rudi
15.12.22, 10:57:05
Samenmann
Hallo Rudi,
hast du überall Autoreifen drauf , und wenn ja welche Größe ???
Bei mir ist vorn ein " normaler " Motorradreiden drauf.
15.12.22, 11:16:57
Stonie
NaJa Autoreifen auf einem Motorrad (Solomaschine) sind nicht unbedingt was neues.
Habe ich auch schon verbaut und eintragen lassen, bei Harley Starrahmen nicht unüblich.
Hatte die Panhead erst im Frühjahr auf der Bühne zur Motorüberholung.
Hier wird aber der Reifen mit weniger Luftdruck gefahren um etwas Komfort in die Fuhre zu bringen.
Ebenso werden gerade bei Harley Bobbern oft die Shinko Reifen verwendet.
Ich halte das Ganze aber auf der Wing nicht für Zielführend da selbige ja doch oft recht flott ums Eck bewegt wird.
15.12.22, 13:45:57
Rudi-DO
Hallo Günther, ja überall.
Reifengröße 165/65R14 78T
Gruß Rudi
25.12.22, 22:24:16
mathissimo
[IMG][/IMG]Soo.. da bin ich wieder. Hab mir alles noch mal durchgelesen und mich über die vielen Beiträge gefreut. So richtig weiter bin ich aber nicht mit meiner Frage gekommen. Jedenfalls abgesehn von @Wingerjack's juristischen Winkelzügen :D
Ja, das Handling ist schlechter. Dank dem @Flüsterer blicke ich auch ein wenig mehr von der zugehörgen Fahr-Physik. Die Sache mit dem Grip ist nicht so richtig geklärt: Beim Geradeausfahren ist es einfach, da gibt's mehr Auflagefläche. Und die Amerikaner fahren auch mehr geradeaus.. Bei den Kurven sind hier ja alle sehr skeptisch. Ich im übrigen auch.
Aber
warum das nun da drüben so beliebt ist, kann ich immer noch nicht sagen. Und ich habe eben
nicht den Eindruck, dass es den Bikern mit Autoreifen um's Geld geht.
Also frohe Weihnachten!
Mathias
PS @Wingerjack: Was den Seiteständer angeht: Isch habe gar kein Auto ähm Goldwing.. Noch nicht! Dafür gibt's aber ein Foto von meine seitenständerlosen Gespann, das übrigens gerade auch nicht fährtüchtig ist..
26.12.22, 05:03:01
Klonko
Dark Siders freuen sich über deutlich höhere Laufleistung, besseren Pannenschutz mit Runflatreifen und kürzeren Bremsweg geradeaus. Sie wollen vor allem mit den günstigeren Autoreifen und der höheren Laufleistung Geld sparen. Sie qualifizieren die negative Einschätzung durch die Verbände und die Reifenhersteller sowie deren Unvermögen, Motorradreifen mit höherer Laufleistung anzubieten, als Abzocke der Motorradfahrer. Kein gutes Argument gegenüber Polizei und Versicherung.